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Mein Insta fürs Post-Meta-Zeitalter

Sri Lanka

Die Insel am südlichsten Zipfel Indiens hat mein Interesse Ende letzten Jahres auf mehreren Wegen geweckt und wollte nicht mehr loslassen, bis ich endlich nachgegeben habe. Dabei waren meine einzigen Kenntnisse darüber, dass der Hauptteil der Bevölkerung buddhistisch ist und dass Klima und Meerestemperatur in meinem Komfortbereich liegen. Mit diesem Wissen packte ich meinen Rucksack und hatte nur den einzigen Plan: planlos in den ersten Bus steigen und schauen, wo die Reise hingeht.

Doch nichtmal dieser Plan wollte aufgehen, wie sich am Flughafen zeigte; die beiden Mädels aus Deutschland, die im Flieger nach Mumbai neben mir saßen, boten mir am Gepäckband an, das Taxi nach Galle zu teilen. Es folgte eine abwechslungsreiche Reise aus Solotrips und Gruppentrips im Dreier- bzw. dann Vierergespann.

Südküste

Vor allem, aber nicht nur für Surfer ist die gesamte Südküste von Galle bis Tangalle sehr beliebt. Ich merkte schon am ersten Abend auf der Suche nach dem perfekten ersten Schlafplatz, dass sich die Strände sehr unterscheiden. Will man einen Bilderbuchstrand, sucht man am besten nach Jungle Beach oder Secret Beach, und nimmt den etwas weiteren Weg inkauf. Ansonsten bekommt man penibel aufgestellte Liegen, aneinandergereihte Surf-Schulen oder kaum Vegetation zwischen Strand und Hauptstraße. Die schönsten Strände haben höchstens eine Bar in der Nähe (für Mango-Lassi, King Coconut und Rice&Curry), Über das Wasser herausragende Palmen, schattenspendende Mangroven und einen steinfreien Wasserzugang, der schnell an Tiefe aufnimmt. Von einem Strand zum nächsten kommt man oft über beeindruckende Felsen aber auch kleine Straßen und Siedlungen, manchmal aber auch gar nicht – dann geht man einfach wieder zur Hauptstraße und fährt mit dem TukTuk oder den super günstigen und regelmäßigen Bussen zum nächsten Wunschort.

Als ich auf dem Weg zum Strand bemerkte, dass ich keine Badehose dabeihatte, fragte ich einen jungen Mann, der den gleichen Weg ging, ob es in Sri Lanka problematisch sei, nackt zu baden. Nach anfänglicher Scham versicherte er mir dann jedoch, dass es ganz normal und überhaupt kein Problem sei. Nachdem er dann nach einem zu langen gemeinsamen Weg etwas aufdringlich wurde, stellte sich heraus, dass er auf Männer steht. Damit hatte seine Aussage etwas an Glaubwürdigkeit verloren und als ich ihn freundlich abgewimmelt hatte, ging ich lieber ganz Abseits des Publikums ins Wasser. Später stellte sich heraus, dass dies bezüglich der Prüdheit der Singhalesen zwar die richtige Entscheidung war, jedoch nicht hinsichtlich der Gefahr von giftigen Seeigeln in der Nähe von Riffs. Jedenfalls hatte ich nach dem Plansch 3 Stacheln im Fuß, wovon die 2 in der Ferse so tief steckten, dass sie unmöglich herauszubekommen waren.

Ich humpelte seitdem umher, sodass mich Einheimische darauf aufmerksam machten, dass die Stacheln nach 3 Tagen etwas absondern, das unheimliche Schmerzen auslöst. Mein Kumpel Lehiru überredete mich dann zum Arzt zu gehen und die Stacheln herausnehmen zu lassen.

Unter Lokalanästhesie und *ganz stolz* mit frischer Klinge schnitt der Arzt mir zwei Löcher in die Ferse und zog die beiden Stacheln heraus. Ich will nicht behaupten, dass ich dann besser laufen konnte, aber wenigstens hatte ich nun eine halbwegs berechenbare Wunde, statt einer tickenden Zeitbombe. (4 Wochen später in Deutschland habe ich die Wunde mit Wasserstoffperoxid ausgewaschen und 1cm Stachel kam mit etwas Schaum herausgeploppt – das abgebrochene Stück war offenbar nicht giftig.)

Tiere und Menschen

In Spaziergängen und Ausflügen wie einer Bootstour um den Koggala See oder einem Trip in den Udawalawe Nationalpark sind ein paar schöne Tieraufnahmen entstanden, die ich nicht vorenthalten möchte:

Die Singhalesen sind übrigens ein sehr gastfreundliches Volk, auch wenn sie angesichts ihrer kolonialen Vergangenheit (Portugiesen, Niederländer und zuletzt Engländer) eigentlich nichts positives für „uns“ übrig haben dürften. Oft wird betont, man sei tolerant gegenüber jeder Religion und Nationalität. Das merkt man nicht nur daran, wie nah sich religiöse Bauwerke aller Religionen stehen. Auch abseits des Touristengeschäfts kommt man sehr leicht ins Gespräch. Mit ernsthaftem Interesse und ohne Dollars in den Augen unterhält man sich mal oberflächlich, mal tief philosophisch. Es fällt auf, dass die leicht unter europäischem Niveau liegende allgemeine Schulbildung durch ein vielfältiges Wissen über körperliche und seelische Gesundheit, Spiritualität, lokale Flora & Fauna, Ernährung und viele subtile und essentiellere Themen des Lebens kompensiert wird. Ich lernte ein wenig über die vielseitige Heilkunde des Landes, die entgegen der weitläufigen Verbreitung nichts mit Ayurveda zutun hat, sondern Hela Wedakama heißt und noch ursprünglicher sein soll. Viel Wissen darüber ist jedoch in der letzten Kolonialzeit verloren gegangen, als traditionelle Heiler gejagt und ihre Praktiken verboten wurden. Die alten Schriften liegen nun ungeachtet in westlichen Museen, wo sie keiner lesen kann und Hela wird bis auf einige überlieferte Anwendungen nicht mehr praktiziert.

Eines Tages, vermutlich war es wieder das Gesetz der Anziehung, fragte mich ein Fischverkäufer, nachdem ich mich nach Feierabend 3 Stundenmit ihm über Gott und die Welt unterhalten habe, sehr eindringlich nach meiner Intuition: „Was willst du hier? Du bist kein Tourist. Wonach suchst du?“ Eine berechtigte Frage von jemandem, der noch nie sein eigenes Land verlassen hat und die Welt trotzdem besser versteht als ich.

Das Hochland

Östlich sowie südlich von Kandy gibt es einige spannende Gebirge zu entdecken, einige davon sind sogar gut mit dem Zug zu erreichen. Wobei ich lauffaulen auch ans Herz legen kann, einfach den ganzen Tag nur Zug zu fahren, die Aussichten sind wirklich beeindruckend und die Geschwindigkeit kommt dem Wandern, wenn man Pech hat, auch ziemlich nah. Das offensichtlichste zuerst: Dieses Land ist wirklich voller Teeplantagen. Mir war gar nicht bewusst, wie alt die kleinen Sträucher werden, bis ich die Dicke des Stamms sah. Außerhalb von kontrolliertem Anbau wird die Teepflanze über 100 Jahre alt und mehrere Meter hoch. Gepflückt werden nur ganz frische Triebe, etwa einmal pro Woche, sodass die Pflanze in der Erntesaison kaum wächst. In der Mittagssonne duftet es in den Plantagen nach frisch aufgekochten Grüntee. Schwarztee wird übrigens aus den gleichen Blättern gewonnen, bloß fermentiert.

Ich begab mich auf den Weg zum Ende der Welt, weil mich in einem Restaurant ein Reiseführer anlachte, den ich auf einer zufälligen Seite aufschlug und sagte, da gehe ich hin. Und weil der Name vielversprechend klang: „The Worlds End Trail“. Hätte ich den Reiseführer auch gelesen, wären mir wohl einige Strapazen rund um den Horton-Plains-Nationalpark erspart geblieben. Da ich von der falschen Seite anreiste, hatte ich die Optionen, mit einem Jeep eine Stunde in die Nähe des einzigen erreichbaren Parkeingangs gefahren zu werden, oder selbst dorthin zu laufen. Natürlich sah ich trotz der späten Uhrzeit 100$ für einen Jeep nicht ein und lief los. Ich hatte noch Glück, dass mich ein TukTuk einige Höhenmeter mitnahm, doch die letzten 14km, die ich mir für den nächsten Tag aufsparte, war ich auf mich allein gestellt. Am nächsten Mittag erreichte ich in dichtem Nebel den Parkeingang, wo ich erfuhr, dass Ausländer 40$ Eintritt zahlen würden. Außerdem wäre Wildcampen strengstens untersagt und man müsse den Park bis 16 Uhr über denselben Eingang verlassen haben. Das passte so gar nicht zu meinem Plan, den Park in 2 Tagen zufuß zu durchqueren. Ich kehrte um, und erreichte den nächsten Ort noch vor dem Regen. Dort suchte ich mir eine Unterkunft, wo ich mir einen Scooter auslieh, um am nächsten Morgen um 6 den Park zu betreten. Der Weg zum Ende der Welt, einer 800m Schlucht mit Weitblick, war sehr gut ausgebaut und sogar mit Schildern versehen – „easy“, „more difficult“ war darauf zu lesen, damit die Generation 60+ nicht von schwierigeren Passagen überrascht wird. Ich gehörte definitiv nicht zur Zielgruppe dieser Attraktion und fand im stillen Beobachten der Natur und der überwiegend britischen und amerikanischen Besucher meine eigenen Attraktionen.

Das komplette Gegenteil war der Besuch der Knuckles, von denen fast alle Touristen glauben, der Eintritt sei nur mit einem sehr teuren Guide erlaubt. Der Gastgeber, den die Mädels ausfindig gemacht haben, bestätigte jedoch das Gegenteil. Der 70 Jährige Chemikant arbeitete lange in Kuweit und kam so in die glückliche Position, sich viel Land kaufen zu können. Die meisten seiner Anwesen sind Teeplantagen, sein Ferienhaus auf dem 15 Hektar großen Grundstück nahe der Knuckles-Mountain-Range vermietet er seit einem Jahr an wanderlustige Touristen und erfreut sich an deren Gesellschaft. Seine Küchenhilfe zauberte uns viele Köstlichkeiten mit Gewürzen aus eigenem Anbau. Die Jackfruit, die uns bei einem Spaziergang vor die Füße fiel, landete am nächsten Tag im Kochtopf. Wir picknickten beim Sonnenuntergang auf dem Hausberg, unternahmen Wanderung auf alle 5 Knuckles (die aus einer Perspektive betrachtet an die Knöchel einer Faust erinnern) und genossen die Ruhe und Abgeschiedenheit. Der Vermieter war so begeistert von meiner Hängematte, dass er morgens früh aufbrach, um sie vor der Kulisse seiner Plantage in Aktion zu fotografieren. Bei all dem Vogelgezwitscher und Affengeschrei weckte mich das Klicken der Kamera, was zu herzhaftem Gelächter von uns beidem führte. Noch am gleichen Tag bestellte er sich seine eigene Hängematte.

Kandy und Sigiriya

Sigiriya und Dambulla liegen nördlich der Highlands und ziehen Touristen wegen der großen Felsen an. Auch einige sehenswerte Tempelanlagen gibt es zu besuchen. Die Abende haben wir mit Mojito und Carrom ausklingen lassen, bis es wegen der Elefanten zu gefährlich auf den Straßen wurden und wir Geleitschutz bekamen. Der bekannteste Höhlentempel in Dambulla beheimatet über 100 Buddhastatuen in den unterschiedlichsten praktizierenden Posen oder als schlafender und toter Buddha (zu erkennen an der Stellung der Füße). Die riesige Buddhastatue im Eingang wird gerade neu vergoldet und ist daher größtenteils weiß.

In Kandy habe ich mir die Puja in Zahntempel angeschaut, wo jeden Abend die dort lebenden Mönche und natürlich ein Zahn Buddhas, der hinter der goldenen Haube verbirgt, gewürdigt. Der Elefant, der 50 Jahre lang diesen Zahn in Zeremonien getragen hat, ist dort ebenfalls ausgestellt, nachdem er in den 80ern starb und aufbereitet wurde.

Adam’s Peak oder Sri Pada

Verführt von schönen Wasserfällen fand ich mich bald am Fuße des heiligsten Berges des Landes. Leider war der Hang des Wasserfalls aufgrund der starken Strömung derzeit nicht erreichbar, weshalb ich den Tag am See verbrachte und somit einen weniger anstrengenden Tag hatte als angenommen. Obwohl ich ursprünglich nicht vorhatte, mich dem Pilgermarsch auf den Adams Peak anzuschließen, hat einiges dafür gesprochen die 1000 Höhenmeter auf mich zu nehmen: Wegen des Vollmondes sollte der Ansturm besonders hoch sein, der Sonnenaufgang sollte vielversprechend werden und die Busanbindung auf der anderen Seite des Berges war für mich besser, weil ich als nächstes in Richtung Meer und nicht zu viele Busse nehmen wollte. So hielt ich den Abend noch in einem hübschen Restaurant aus und brach gegen 1 Uhr nachts auf. Sri Pada heißt übersetzt heiliger Fuß und bezeichnet, je nachdem, wen man fragt, den Fußabdruck von Adam, als er das Paradies verlassen hat, Buddhas oder Shivas. Somit ist er für Christen, Muslime, Hinduisten und für Buddhisten heilig. Der Anfang des Weges war selbst nachts von vielen Shops begleitet, die Nüsse, Mais, Süßigkeiten, sowie sämtlichen Jahrmarkt-Plastikmüll verkauften. Ab der Hälfte des Weges, der zu 90% aus Treppen bestand, wurde es langsam voll. Singhalesen aller Altersgruppen waren in unterschiedlichstem Tempo unterwegs, die Touristenquote lag mit ca. 1% deutlich unter meiner Erwartung. Mir wurde empfohlen, kurz vor dem letzten Aufstieg einmal um den Berg herumzugehen, um den Menschenmengen aus dem Weg zu gehen. So habe ich mir, wie sich später herausstellte, 3 Stunden Anstehen gespart. Neben dem kleinen Tempel, der um den Sri Pada errichtet wurde, leuteten Menschen so oft die Glocke, wie sie schon auf dem Berg waren. Angesteckt von der magischen, heiligen Atmosphäre, die von dem gold geschmückten und kaum erkennbaren über 1m großen Fußabdruck ausging, folgte ich meinem Bedürfnis meine Ehrfurcht mit einem Kniefall auszudrücken. Der Sonnenaufgang selbst war der magischste, den ich je gesehen habe. Zunächst blickte ich mit Hunderten anderen auf ein leicht beleuchtetes Nebelmeer. Doch kurz bevor die Sonne hinterm Horizont erschien, versanken wir selbst im Nebel. Die Leuchtkraft der Sonne war gerade so schwach, dass man ihren Umriss mit bloßem Auge dabei zuschauen konnte, sich zu vervollständigen und gleichzeitig so stark, dass ein riesiger gelber Ball um sie herum den Himmel vergoldete. Es dauerte nicht lange und der Nebel war verschwunden. Sangeeth und seine Frau begleiteten mich noch ein Stück, bis sich unsere Wege trennten, weil ich den Abstieg auf der Schattenseite nahm. Leider schon zu spät, um den Schatten des Berges im Nebel zu sehen – aber man kann nicht alles haben. Dafür kam ich in ein Camp, in dem etwa 30 Menschen sich aus gesammelten Spendengeldern Essen an die Pilgerer verteilten. 900kg Reis sollten hier in 3 Tagen zubereitet werden. Ich wurde eingeladen, mir alles anzuschauen und war erstaunt von den Dimensionen. Ein gutes Frühstück – welches ich auch brauchte, denn es folgte ein Abstieg von 1800m. Mich beeindruckte besonders der blinde alte Mann, der mir auf dem Weg, ca. auf der 7000sten Stufe, entgegenkam. Nach 30 Stunden ohne Schlaf dachte ich, ich sterbe, wenn ich nicht bald meine Hängematte am Wegrand aufhänge. So konnten sich meine steinharten Waden für ein paar Stunden erholen. Mein Schlaf war so tief, dass ich die Motivationsgesänge der Pilgerer überhören konnte.

Ein Grund, weshalb es mich zurück ans Meer zog war, abgesehen vom Meer, eine Freundin aus Israel, die ich seit meinem letzten Besuch dort nicht mehr gesehen habe. So konnte ich die letzten Tage ohne lange Wanderungen ausklingen lassen meinem Körper die Ruhe gönnen, nach der er seit dem Adams Peak verlangte.

Der Flughafen liegt bei Colombo, wo Sangeeth wohnt und mich freundlicherweise für die Nacht vor meinem Heimflug einlud. Ich nutzte den Abend, um mir die moderne Stadt anzuschauen, fand jedoch wenig Gefallen daran. Nach einem kurzen Spaziergang über die Shoppingstraßen waren meine Reize überflutet. Der Geruch und die Luft ergaben beim Sonnenuntergang ein stimmiges sumpfiges Bild ab und der Smog auf den Straßen machte innerhalb einer Stunde das detoxen der letzen 4 Wochen rückgängig. Naja vielleicht nicht ganz. Das Elternhaus von Sangeeth war jedenfalls wunderschön und außerhalb von Colombo, dass ich mich schenn wieder wohl fühlte und mich ein wenig auf mein Zuhause freuen konnte.

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1 Kommentar

  1. Chanika Rathnayake März 30, 2025

    wawooo… It was a pleasure and amazing explaining about our motherland ..Thank you for that Daniel and my husband (Sangeeth) found a very good friend ..We will see you in next time Daniel ..God bless you Keep it up

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