Beginn der Tour war Salzburg, wo es nach einem langen, aber wenig erholsamen Schlaf im Flixbus um 10 Uhr auf die Räder ging. Ein Großteil der Strecke verlief entlang der Salzach, die uns immer tiefer in die Berge führte. Der Weg ging stetig bergauf, was mit dem Zusatzgepäck – auch wenn es nur wenig war – ordentlich auf die Muskeln ging. Bei den ersten Hügeln mussten wir uns noch vergewissern, ob nicht die Räder einen Widerstand haben, doch mit der Zeit gewöhnten wir uns daran. Die kurzen Passagen, an denen es bergab ging, waren dafür umso schneller. Nach 66km suchten wir uns ein Waldstück in Flussnähe, wo wir übernachten konnten. Ein Blick zurück zeigt in der Ferne die erste Bergkette, die wir seit Salzburg durchquert haben. Am nächsten Morgen gab es dann Frühstück an der eiskalten Salzach.
Der wahrscheinlich härteste Abschnitt stand uns wahrscheinlich am zweiten Tag vor Bad Gastein bevor. Der Kurort beeindruckte mit einem mächtigen Wasserfall in der Ortsmitte und großen Hotelfassaden (von der altmodischen, hübschen Sorte). Hinter Bad Gastein kam nicht mehr viel bis zur Autoschleuse Tauernbahn, welche uns die Überquerung der Tauern mit einer 10km Bahnfahrt ersparen soll. Da wir nicht wussten, was uns danach erwarten würde, nahmen wir Vorlieb mit unserer Seite des Berges. Leider waren die meisten schönen Waldflächen eingezäunt, was uns die Hoffnung schon fast aufgeben ließ.
„Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und es sich einfallen ließ zu sagen: dies ist mein und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der wahre Gründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, wie viel Not und Elend und wie viele Schrecken hätte derjenige dem Menschengeschlecht erspart, der die Pfähle herausgerissen oder den Graben zugeschüttet und seinen Mitmenschen zugerufen hätte: ‚Hütet euch, auf diesen Betrüger zu hören; ihr seid verloren, wenn ihr vergeßt, daß die Früchte allen gehören und die Erde niemandem.‘
Jean-Jacques Rousseau
Doch noch bevor ich mich wirklich darüber ärgern konnte, fanden wir kurz noch den perfekten moosbedeckten Märchenwald, wo wir (sehr achtsam und ohne Spuren zu hinterlassen) am Feuer kochen konnten. Der Sternenhimmel über uns war das i-Tüpfelchen.
Der nächhste Tag startete etwas schleppend mit Warten auf die Autoschleuse, doch setzte sich nach der Durchquerung des Gebirges umso schwungvoller fort: auf 8km ging es gut 500m bergab. Ohne viel zu treten ging es mit 50-60km/h gut vorwärts. Die Regenwolken hatten wir leider nicht immer hinter uns gelassen und bald war absehbar, dass wir einen trockenen Unterschlupf für die Nacht brauchen werden. Wegen des Harley-Treffens in der Gegend waren leider alle Unterkünfte ausgebucht. Glück im Unglück: wir fanden einen netten Gast- und Landwirt, der uns auf Nachfrage den Zugang zu seinem Heulager gewährte. Umgeben von Katzen und Hühnern war es dennoch eine sehr erholsame Nacht.
Entlang an der Drau und an der Gail ging es weiter Richtung Italien. Auf dem Weg bietet sich die einmalige Gelegenheit für ein Foto von Frau Dr. Neuhaus in Neuhaus an der Gail. Und an den schottischen Hochlandkühen konnten wir natürlich auch nicht einfach vorbeifahren.
In Italien ging es dann auf einem alten Eisenbahngleis ewig leicht bergab durch die Täler, Berge und Tunnel und Brücken sogar vorbei an alten Eisenbahnstationen. Am Tag darauf ging es dann mehr durch die Ortschaften.
Am insgesamt sechsten Tag packte Hanni der Ehrgeiz, dass wir es noch bis nach Grado schaffen könnten. mit 83km wäre das unsere weiteste Tagesstrecke der bisherigen Tour gewesen. Wir verkürzten also die Pause und radelten motiviert richtung Ozean weiter. Das Wetter schien unbeständig und von dem langen Damm, der auf die Halbinsel Grado führt, konnte man das Unwetter bereits über dem Meer an uns vorbeiziehen sehen… dachten wir.
Wir begannen an der Promenade gerade, die Aussicht zu genießen, da ging der 2h anhaltende Platzregen los. Der kleine Pavillion, den wir uns als Schutz auserkoren hatten, outete sich bald als unseren Schutz benötigend. Im Minutentakt konnten wir die Dachplane um 40l Wasser erleichtern, damit das Gestänge nicht zusammenbricht. Als wir schon komplett durchnässt waren, kam ein Pärchen aus dem Auto herbei, das sich dankbar zu uns gesellte und erklärte, dass wir die Musikanlage vom Tanzkurs beschützen. Wir verstanden uns gut und verabredeten uns noch in der Bar und später sogar noch zum Abendessen bei einer Bekannten, die etwas deutsch sprach und uns bei sich übernachten ließ.
Es folgte noch ein sonniger Tag und eine Nacht im Hotel, bis wir uns wieder aufs Rad schwangen um über 100km nach Venedig zu radeln. Dort kamen wir bei Sonnenuntergang an. Der Plan. Übersetzen nach Lido und dort am Strand schlafen.
Wir fanden ein hübsches Plateau mit Palmendach am Strand, das sich bestens eignete – außer es würde regnen, dann müssten wir etwas mit der Plane improvisieren. Doch das Regenradar sah mal wieder harmlos aus und das Wetterleuchten unbedenklich. Der Sturm, der dann aus dem Nichts auftauchte, übertraf den in Grado vielleicht nicht ganz in den Wassermengen, aber definitiv in seiner Windstärke. Die gut gespannte Plane 30cm über uns mussten wir dennoch über eine Stunde mit Händen und Füßen festhalten, damit uns der Regen nicht komplett ins Bett gedrückt wird. Wie durch ein Wunder blieb der Schlafsack, den wir schützend zwischen uns aufbewahrt haben, relativ trocken, während wir klatschnass vor Kälte zitternd ausharrten und hofften, dass die Abstände von Blitz und Donner nicht noch enger wurden. Anderthalb Stunden später wagten wir uns aus der Deckung hervor. Ein warmer Meereswind hauchte uns wieder Energie ein. Doch den Rest der Nacht dort zu verbringen, war nicht vorstellbar – zumal weitere Schauer vorausgesagt waren. Aus Mangel an Alternativen bauten wir uns einen Unterschlupf in der 200m weiter entfernten mit Tischen ausgestatteten Strandhütte, wo wir endlich unseren Schlaf fanden.
Venedig selbst war am nächsten Tag auch noch sichtlich getroffen vom Regen. Hier können sich die feinen Kellner in Wrack und Gummistiefeln offenbar schon an die steigenden Meeresspiegel gewöhnen.



















































































